Dienstag, 30. Juni 2009

Green Brief #14 30.6.2009 - deutsche Übersetzung


Ich bin NiteOwl AKA Josh Shahryar - twitter.com/iran_translator bei twitter - und ich bin die letzten Stunden in Tweets aus Iran eingetaucht. Ich habe mich bemüht, bei der Wahl meiner Twitter-Quellen extrem vorsichtig zu sein. Das, was ich unten zusammengestellt habe, kann ich mit Hilfe meiner verläßlichen Twitter-Quellen bestätigen. Bitte beachtet, dass alles aus Tweets stammt. Es wurden keine Nachrichtenmeldungen genutzt. (Meine Arbeit steht komplett unter der Creative Commons Lizenz (CC). Du kannst sie uneingeschränkt nutzen und weiterverbreiten, wo Du möchtest. Füge am Ende einfach einen Link zur Originalquelle ein.)

Es folgen die wichtigen Ereignisse, die ich bestätigen kann, vom Dienstag, 30. Juni, in Iran.

Auf Italienisch: http://giagro.wordpress.com/30062009...fine-giornata/

Auf englisch (Originalversion): http://iran.whyweprotest.net/news-current-events/4593-green-brief-14-a.html

1. Heute versammelten sich Menschen am Vali Asr Platz – der ganze Platz war besetzt von Sicherheitskräften. Es wurde berichtet, dass Wachleute am Vanak Platz Autoscheiben zerschlugen (von hupenden Autos, eine aktuelle Protestform). Nachdem Sicherheitskräfte versuchten, ein junges Mädchen zu verhaften, kam es zu Zusammenstößen. (Es gab keine weiteren Meldungen zu diesem Ereignis, es ist also nur teilweise bestätigt.)

2. Ungefähr 10 Leute wurden am Tajrish Platz verhaftet, nachdem sich eine Versammlung gebildet hatte und Sprechchöre gegen das Regime gerufen wurden. Zusammenstöße wurden auch aus der Satarkhan-Straße und Jomhori-Straße gemeldet. Die Unabhängige Jugend hatte heute ebenfalls vor, einen Protest in Teheran zu organisieren, die Berichte dazu waren jedoch spärlich und es gab keine Bestätigung für die Proteste.

3. Heute versammelten sich mehr als 2000 Menschen vor dem Gericht der Islamischen Republik in Urumieh, um sich nach ihren verhafteten Angehörigen zu erkundigen. Bis jetzt wurden tausende sowohl bei Protesten verhaftet als auch bei Razzien im ganzen Land tagsüber und nachts. Die Anzahl kann nicht überprüft werden, aber sie wird mit tausenden angegeben. Mousavi und Karoubi dementierten, die Proteste gestern unterstützt zu haben.

4. Iran Press TV meldete, dass Mousavi ausschließlich eine Neuwahl akzeptieren würde. Mousavis Kampagne bezeichnete die Verhaftungswelle heute als „unmoralisch und ungesetzlich“. Weiterhin verlautbarte sie, dass die Folterung verhafteter Bürger anti-revolutionäre Stimmungen in der Bevölkerung hervorbringen und dadurch der Islamischen Republik schweren Schaden zufügen könnte. Es gab Berichte, dass auf Mousavis Internetseite ein landesweiter Streik organisiert und beworben wird, doch dies kann nicht durch unabhängige Quellen bestätigt werden.

5. Die iranische Regierung hat unterdessen Mousavis Verbündetem, Abolfazl Fateh, untersagt, das Land zu verlassen. Abolfazl Fateh sagte heute, dass die Wahlen „eine rein politische Angelegenheit“ seien und dass „ihre Militarisierung außergewöhnlich, kostspielig und beunruhigend“ sei. Er sagte, dass ihre Kampagne sich nur auf GhalamNet äußern würde. Währenddessen dementierte Mousavis Internetseite – GhalamNet – heute, dass sie erneut Briefe an den Wächterrat gesendet hätten und wies die gestrigen Behauptungen des Sprechers des Wächterrats zurück, neue Forderungen von Mousavi erhalten zu haben. Ayatollah Montazeris Internetseite wurde vom Innenministerium abgeschalten, nachdem er die Wahlen verurteilt und geäußert hatte, das harte Vorgehen der Regierung gegen friedliche Demonstranten sei gegen den Islam.

6. Khatami rief heute dazu auf, die Präsenz der Sicherheitskräfte auf den Straßen Irans nicht beizubehalten und forderte die Bildung einer unabhängigen Kommission zur Untersuchung der Beschwerden gegen die Wahlen. Er fügte hinzu, dass „keine Gewalt gebraucht werden sollte, um den Menschen den eigenen Willen aufzuzwingen“. Er fügte hinzu, dass das allgemeine Vertrauen der Iraner durch solche Vorgehensweisen beschädigt worden sei.

7. Karoubi gab in einem Brief an die iranische Bevölkerung bekannt, dass er die Legitimität der Regierung nicht anerkenne. Karoubi sagte, dass er an der Wahl einer Veränderung wegen („Change“) teilgenommen hatte und dass Mächte im Hintergrund das Ergebnis offensichtlich geändert hätten. Karoubi protestierte gegen die Verhaftungswelle und forderte die Verantwortlichen auf, alle Verhafteten sofort freizulassen und sie zu entschädigen. Er machte deutlich, dass er bereit sei, mit Einzelpersonen und Gruppen zusammen zu arbeiten, da er die Republik, den Iran und den Islam in Gefahr sehe.

8. Ayatollah Taheri sagte, dass Mousavis Rechte missachtet worden seien. Taheri – der ehemalige Freitagsimam von Isfahan – bezeichnete Ahmadinejads Ernennung als ungesetzlich. Er fügte hinzu, dass die alte Feinde des Imams [Khomeini] die Islamische Republik mit ihren Handlungen ins Museum verfrachten würden [er meinte damit, dass sie gestürzt und Geschichte werden würde, wenn diese Handlungen nicht aufhörten]. Als Antwort kritisierte ein Parlamentarier Taheri heute offen und meinte, er wäre kein leitender Geistlicher mehr. Nach ihm erklärte Pezeshkian – ein reformistischer Parlamentarier – dem Parlament, dass derjenige ein Feind Gottes sei, der sich gegen die Bevölkerung wende.

9. Ahmadinejad gab bekannt dass der Versuch eines „sanften Umsturzes“ des Regimes gescheitert sei. Vorangegangen war eine teilweise Neuauszählung von 10 % der Stimmen, die vom Wächterrat vorgenommen wurde und einen leicht erhöhten Stimmanteil für Ahmadinejad ergab!!! Mohammad Yazdi, Geistlicher und Mitglied des Wächterrats, gab heute bekannt, dass er die Unparteilichkeit der Wahl persönlich garantieren könne. Er fügte hinzu, dass Mousavi von künftigen Wahlen ausgeschlossen werden würde.

10. Teherans berüchtigtes Evin Gefängnis ist inzwischen wohl überbelegt, und die Sicherheitskräfte bringen die Verhafteten in Fussballstadien unter. Es wurden so viele Menschen in Teherans Gefängnissen eingesperrt, dass die Menschen dichtgedrängt stehen müssen. Amnesty International warnte heute, dass die in Iran verhafteten Oppositionsführer in Gefahr seien, gefoltert zu werden.

11. Maziar Bahari wurde gezwungen, bei einer Pressekonferenz auszusagen, dass die Proteste im Voraus geplant und vom Ausland organisiert gewesen seien. Bahari ist ein begabter iranisch-kanadischer Journalist und Filmemacher, der für Newsweek und New Statesman geschrieben hat. Gleichzeitig wird die Folterung von Universitätsstudenten im Innenministerium fortgeführt. Manche Iraner, die im Urlaub nach Iran gereist waren, wurden beim Versuch der Ausreise am Flughafen in Gewahrsam genommen und verhört.

12. Es gibt weiterhin keine Neuigkeiten über Mojtaba Tehrani, einen Korrespondenten von Etemade Melli. Drei Tage sind seit seiner Verhaftung vergangen. Eine andere Korrespondentin von Etemade Melli, Mahsa Amrabadi, die seit zwei Wochen festgehalten wird, durfte nur kurz ihre Familie anrufen. Wo sie sich befindet, ist unbekannt.

13. Als gute Neuigkeit gibt es zu vermelden, dass die Isfahaner Justiz die Freilassung von 280 Menschen bekannt gab, die während der Proteste verhaftet wurden. Hunderte bleiben jedoch in Haft. Heute wurde jedoch gemeldet, dass die Strafverfahren gegen die Gefangenen begonnen hätten. Der dafür verantwortliche, Saeed Mortazavi, hat bei vielen die Befürchtung ausgelöst, dass möglicherweise dutzende zum Tode verurteilt werden könnten, da er dafür bekannt ist, Todesurteile für Dissidenten im Iran zu erwirken.

14. Die Polizei drang heute in die Studentenwohnheime der Teheraner Universität ein, angeblich auf Aufforderung des Universitätspräsidenten. Der Präsident, Herr Kohkan, dementierte später jedoch, dass er darum gebeten hätte. Amir Hossein Shemshadi, der Verantwortliche für Mousavis Jugendgruppe, hatte heute aus Evin Kontakt zu seinen Eltern und teilte ihnen mit, dass er in absehbarer Zeit nicht entlassen werden würde.

15. Die Tageszeitung Khabar wurde zum vierten Mal in dieser Woche am Druck der Zeitung gehindert. Angehörige der Teheraner Staatsanwaltschaft und des Kultusministeriums unterbanden heute zuätzlich den Verkauf der Zeitung Etemade Melli, nachdem diese einen Brief von Karoubi veröffentlichen wollte. Ein Treffen der iranischen Journalistenvereinigung wurde auf Druck der Sicherheitskräfte ebenfalls aufgelöst. Die Sitzungen beschäftigen sich vor allem mit verhafteten Journalisten.

16. Die Allah o Akbar-Rufe ertönten heute Nacht wiederum, obwohl die Basij den Menschen mit Verhaftungen und Zerstörung ihres Eigentums gedroht hatten, wenn sie weiterhin rufen würden. Ein Mensch wurde in den letzten Tagen bereits beim rufen getötet.

Quelle: The Green Brief #14, http://iran.whyweprotest.net/news-current-events/4593-green-brief-14-a.html

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