Mittwoch, 19. August 2009

SIC Newsletter 18. August 2009 - Deutsch

Dienstag, 18. August 2009

Nachrichten
- RadioFarda: Mir Hossein Mousavi hat bezüglich der Angriffe auf die Grüne Welle einen Brief an Mehdi Karroubi geschrieben. Darin heißt es: "Die begangenen Verbrechen gehen auf das Konto der Regierung. Ist die Regierung nicht daran interessiert zu wissen, was den Menschen durch ihre eigene Hand angetan wird?" Weiter schreibt er, dass Karroubis Brief über die Verbrechen in den Gefängnissen "Panik unter denen ausgelöst hat, die für den Staatsstreich verantwortlich sind, weil sie Angst haben, dass wir Informationen über die schrecklichen Dinge herausfinden könnten." Er fügte hinzu, dass eine islamische Regierung Gott fürchten und sich vor Gott verantworten müsse.

- RadioFarda: Der Chefberater von Mousavi sagte, Mohammad Khatami und Mehdi Karroubi seien Hauptmitglieder der Bewegung "Grüner Weg der Hoffnung", deren Ziel es sei, die Gesetzgebung der Verfassung so weit wie möglich umzusetzen. Er fügte hinzu, dass die Organisation offen für unterschiedliche Mitglieder der Gesellschaft sei und dass alle Menschen aus allen Teilen des Landes sich daran beteiligen können. Zur Struktur der Organisation sagte er, sie habe ein kleines Zentralkomitee mit 5 oder 6 Mitgliedern.

-RadioFarda: Die Vereinigung der Absolventen Iranischer Universitäten hat in Unterstützung von Mehdi Karroubi ein Statement veröffentlicht, in dem vor jeglicher Gewalt gegen Karroubi gewarnt wird. Diese Vereinigung und die Union der landesweiten Islamischen Studentenvereinigungen erklären, dass diese Gruppen Mehdi Karroubi vor der Wahl unterstützt hätten und auch weiterhin auf der Seite der Reformbewegung stünden. Sie verurteilten Gewaltanwendung gegen Karroubi und Mousavi und erklären, dass "die Grundlage von Unterdrückung und Lügen wesentlich schwächer sei, als man annimmt".

- The Guardian: Der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad sagte heute, er werde drei Frauen für sein Kabinett nominieren. Ahmadinejad, der sich gegen Behauptungen der Opposition verteidigt, seine Wiederwahl im Juni sei gefälscht gewesen, versucht offenbar, damit die Unterstützung der iranischen Frauen zu gewinnen. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass die Nominierungen die Reformer beschwichtigen, denn zwei der drei Frauen sind Anhängerinnen der Hardliner. Massoumeh Torfeh (The Guardian) erklärte, dass die Hardliner-Kandidatinnen eine Politik unterstützten, die es "den Frauen eher schwerer machen wird, gleiche Rechte, Scheidungsmöglichkeiten, Sorgerecht für ihre Kinder oder Möglichkeiten der Abtreibung - wenn sie diese möchten - in Anspruch zu nehmen".
Im staatlichen Fernsehen sagte Ahmadinejad, er werde die 50jährige Gynäkologin Marzieh Vahid Dastgerdi als Gesundheitsministerin und die 43jährige Parlamentsabgeordnete Fatemeh Ajorlou als Ministerin für Sozialwesen und Soziale Sicherheit benennen. Den Namen der dritten Frau nannte er nicht, sagte jedoch, er würde mindestens eine weitere Ministerin in sein Kabinett holen.

- RadioFarda: Bei den Weltmeisterschaften in Berlin haben 6 iranische Fußballspieler den ersten Ehrenpreis "Sport für Frieden" gewonnen. Einer deutschen Zeitung zufolge ist dies ein neuer Preis, der Athleten zu sozialem Engagement ermutigen soll. Die sechs mit dem Preis ausgezeichneten Fußballspieler hatten aus Protest gegen die Wahlergebnisse im Iran während des WM-Qualifikationsspiels gegen Südkorea grüne Armbänder getragen.
Die Spieler waren bei der Zeremonie nicht anwesend. Ein iranisch-deutsches Mitglied des Parlaments nahm den Preis stellvertretend für sie entgegen.

- Norooz: Ayatollah Bayat Zanjani hat in einem veröffentlichten Statement seine Wertschätzung und seinen Dank für Sheikh Mehdi Karroubis Mut ausgedrückt. Er warnte die Regierungsbehörden und sagte, der Staat könne zwar mit Blasphemie leben, mit Ungerechtigkeit jedoch nicht bestehen (ein Zitat des Propheten Mohammad) (danke an K. für die Erläuterung des arabischen Originalzitats, d. Übers.)

Nachrichten von Verhafteten, Vermissten und Verstorbenen
- RadioFarda: Norooz, die Webseite der Iranischen Islamischen Partizipationsfront, berichtet, dass Fezolah Arabsorkhi, ein Kadermitglied der Organisatin der Mujaheddin der Islamischen Revolution, vom Gefängnis Evin aus in ein Krankenhaus gebracht wurde. Einem Mitarbeiter des Gefängnisses zufolge war er heftig geschlagen worden, weil er sich geweigert hatte, bei den im Fernsehen ausgestrahlten Prozessen zu erscheinen. Arabsorkhi war vor 50 Tagen in seinem Haus verhaftet worden und hat bisher weder seinen Anwalt noch seine Familie treffen können.

- RadioFarda: Nachrichtenagenturen im Iran berichten, dass die für morgen angesetzte 4. Verhandlungsrunde gegen die nach der Wahl Verhafteten um eine Woche verschoben wurde. Den Gerichtsbehörden zufolge geht der Aufschub auf die Anwälte der Angeklagten zurück, die eine Woche Aufschub erbeten haben, um sich besser in die Fälle ihrer Mandanten einarbeiten zu können.

- BBC: Das Stadtoberhaupt Teherans ("Tehran's governor", d. Übers.) erklärte in einem Statement, die Regierung sei auf Grund einer Anordnung des Obersten Führers bereit, für die verursachten Schäden zu zahlen, um die Familien der Opfer der jüngsten Unruhen zu "beschwichtigen".
Er fügte hinzu, die Entschädigung erstrecke sich nur auf Personen, die nicht an der Anstiftung zu den Unruhen beteiligt gewesen seien. Weiterhin sagte er, Menschen mit Verletzungen müssten belegen, dass sie keine Entschädigungen aus anderweitigen Mitteln wie z.B. Krankenversicherung erhalten hätten.

- Norooz: Die beiden Aktivisten für Frauenrechte Haleh Sahabi und Kaveh Mozafari wurden Berichten zufolge freigelassen. Haleh Sahabi, ein Mitglied der "Mothers for Peace" ("Mütter für den Frieden") war vor etwa 2 Wochen am Baharestan-Platz geschlagen und verhaftet worden und hatte während dieser Zeit keinen persönlichen Kontakt mit ihrer Familie. Kaveh Mozafari, ein Mitglied der Kampagne "One Million Signatures"(1 Million Unterschriften) und Wissenschaftler, war vor etwa einem Monat am Platz der Revolution verhaftet worden, nur zwei Wochen nach seiner Entlassung aus einer vorangegangenen Haft.

Analyse
- BBC: Verschiedene oppositionelle Webseiten, darunter die "Welle der Freiheit" haben berichtet, dass Ayatollahs und Geistliche religiöser Schulen in Qom, Isfahan und Mashhad Ayatollah Khamenei als Verantwortlichen für die Gewalt nach der Wahl verurteilen.
Der an die Expertenversammlung adressierte Brief fordert die Amtsenthebung des Obersten Führers. Er wurde anonym veröffentlicht, doch wurde betont, dass dies nicht dauerhaft so bleiben würde.
Die Zeitung New York Times bestätigte in einem Artikel vom Montag, dem 17. August die Echtheit der Briefe. Der New York Times zufolge habe ein hochrangiger Beamter, dessen Name nicht genannt wurde, die Echtheit der Briefe bestätigt und gesagt, er sei von mehreren Dutzend Geistlichen unterzeichet. Er fügte hinzu, dass diese Geistlichen unter hohem Druck stünden, da die Regierung befürchtet, dass, wenn sie offen sprechen, weitere Teile der Gesellschaft sich ebenfalls gegen das Regime wenden würden.
Als Beispiel führte er an, dass viele Geistliche, die seit Jahren zu den Freitagsgebeten erschienen waren, beim letzten Freitagsgebet nicht anwesend waren, nachdem sie ihre Unterstützung für die Opposition geäußert hatten.
Frau Haghighatjoo, ein früheres Parlamentsmitglied, hat die Echtheit der Briefe in einem Interview mit der New York Times ebenfalls bestätigt. Sie ist Gastwissenschaftlerin an der Universität von Massachusetts. Sie sagte: "Diese Angelegenheit ist sehr kritikempfindlich, denn schon mit Kritik am Führer überschreitet man eine Linie". Sie fügte hinzu: "Die Namen der Verfasser nicht zu nennen mindert die Wirkung des Statements."
Die New York Times fügte hinzu, dass diese Briefe keine echte Bedrohung für den Obersten Führer darstellen würden, da er die Sicherheitskräfte kontrolliere und weite Teile der politischen Elite auf seiner Seite stünden. Gleichzeitig jedoch sei Khameneis Status als unparteiischer Richter deutlich beschädigt. In dem Artikel wird hervorgehoben, dass der Slogan "Tod Khamenei" in den letzten Tagen vermehrt an den Wänden der Teheraner Innenstadt zu sehen sei - etwas, was bisher unvorstellbar gewesen sei.

- Deutsche Welle: Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi sagte: "Herr Kazemi, der Bruder von Frau Zahra Rahnavard, ist als Geisel verhaftet worden, um Frau Rahnavard zum Schweigen zu bringen. Allerdings haben wir gesehen, dass Frau Rahnavard (die Ehefrau von Mousavi) nicht geschwiegen hat. Sie hat sich nicht einmal über die Verhaftung beschwert, weil sie keinen Unterschied sieht zwischen der Verhaftung ihres Bruders und der anderer Menschen. Sie wollte keine Ausnahme darstellen. Kazemi, 70, ist nicht politisch aktiv und hat weder während der Wahlen noch in den Protesten irgendeine Rolle gespielt. Bis heute wurde ihm nicht erlaubt, seine Familie oder einen Anwalt zu sehen, seine grundlegenden Rechte wurden im Gefängnis verletzt. Sein einziges Verbrechen besteht darin, dass er der Bruder von Frau Rahnavard ist".

Empfehlungen und Warnungen
Mohsen Sazegara hat sein Video für Dienstag, den 18. August veröffentlicht. Er erinnerte daran, dass es für die Bewegung essentiell wichtig sei, drei Komponenten zu verfolgen: neue und kreative Aktionen, die Geografie (Ausdehnung der Aktionen auf neue Orte, über Teheran und die Großstädte hinaus), und die Menschen (Einbindung verschiedener Gruppen wie z. B. Lehrer, Arbeiter usw.). Er bestand auf der Bedeutung von Ordnung und Interaktion unter den Aktivisten für die Sicherstellung des Erfolges der Bewegung.
Dazu schlug Sazegara vor, Gruppen von 3 - 7 Mitgliedern zu gründen, und nur ein oder zwei Mitglieder seien für den Kontakt zwischen den Gruppen zuständig.
Bezüglich der kreativen Aktionen schlug er vor, an Samstagen keine staatlichen Ämter und Behörden aufzusuchen. Dies sei allerdings kein Streik, und die Angestellten würden zur Arbeit gehen.
Er erinnerte daran, dass es wichtig sei, verstreute Proteste abzuhalten und an Donnerstagen auf die Straße zu gehen.

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Übersetzung aus dem Englischen: Julia
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Zusatz: Aktuelle Demonstrationstermine in Deutschland gibt es hier:
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(keine Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit, Änderungen und neue Termine können hinterlassen werden)

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