Donnerstag, 23. Juli 2009

Green Brief #36 (22. Juli 2009) - Deutsch

Original siehe http://tinyurl.com/ltrng5.

Ich bin NiteOwl alias Josh Shahryar - twitter.com/iran_translator bei Twitter. Ich bin Journalist und Menschenrechtsaktivist und KEIN Iraner. Dies ist eine Sammlung von Nachrichten aus dem Iran, die ich aus Twitter und dort angegebenen Webseiten zusammengestellt habe. Beachten Sie bitte, dass alles hier von Tweets stammt. (Meine Arbeit erscheint unter den Bedingungen von Creative Commons (CC).).

Hier sind die wichtigen Ereignisse von Mittwoch, 22. Juli 2009, die ich bestätigen kann.

Proteste/Unruhen

Dutzende Menschen versammelten sich letzte Nacht in der Nähe von Sohrab A'rabis Haus. Sie skandierten "Tod dem Diktator" und verlangten Freiheit für das iranische Volk. A'rabi gehört zu den von der iranischen Regierung nach den Wahlen Ermorderten.

Es gab erneut eine Kundgebung von Familien von Verhafteten vor dem dem Evin-Gefängnis. Dutzende versammelten sich, um die Freilassung ihrer Angehörigen zu fordern. Andere verlangten nach Auskunft über den Verbleib ihrer verschwundenen Familienmitglieder. Eine große Anzahl iranischer Demonstranten werden an einem unbekannten Ort festgehalten und die Regierung verweigert die Herausgabe von Informationen über ihren Verbleib.

Der geplante Hungerstreik zur Unterstützung der Grünen Bewegung begann heute vor dem Gebäude der Vereinten Nationen in New York. Akbar Ganji ist einer der Organisatoren der Veranstaltung. Unter den Teilnehmern sind Gogoosh - Irans berühmteste Pop-Diva - und Shohreh Aghashedlo - eine Oscar-nominierte iranische Schauspielerin. Viele weitere prominente Iraner und nicht-Iraner waren ebenfalls anwesend. Der Streik soll nach Plan bis zum 25. Juli dauern. Hier ist die Seite von BBC über den Streik mit einem Video: http://tinyurl.com/nsbqyx.

Opposition

Mir Hossein Mussawi traf sich in Teheran mit Universitätsprofessoren und Journalisten. Er übte Kritik an der Regierung und sagte, "Sie können heute nicht einmal die Gegenwart von jemandem wie Rafsanjani ertragen." Er führte weiter aus, "Die Menschen sollen ihren Kampf darum fortsetzen, dass ihre Forderungen auf eine bürgerliche Art erfüllt werden." Er erklärte die Wahlergebnisse wiederum als gefälscht und betonte, "Eine Regierung ohne Legitimität würde nur die internen und externen Probleme des Iran verstärken." Mussawi sagte weiter, "Das Volk hat den Schlüssel, die Frage zu lösen" und "Ich anerkenne Ahmadinejads Regierung nicht." Er erklärte, "Wir alle sind Zeugen von der Macht des Volkes geworden, als es sich unter demselben Banner versammelte - unabhängig von Parteizugehörigkeiten."

Mussawi bekräftigte sein Vorhaben, eine neue politische Front zu gründen. Dieser würden mehrere bekannte Poliker angehören. Das Hauptziel der neuen Front werde es sein, die Forderungen des iranischen Volkes zu umzusetzen. Sie werde nächste Woche vorgestellt.

In einem davon unabhängigen zweistündigen Treffen mit Journalisten und anderen Medienpersönlichkeiten sprach Mir Hossein Mussawi über die aktuelle Lage im Iran. Er forderte die sofortige Freilassung der Festgenommenen und rief die Regierung auf, die Pressefreiheit zu garantieren und die Zensur der Medien aufzuheben.

Abdollah Nouri - ein weiterer Reformist, der sich der Grünen Bewegung angeschlossen hat - sagte, dass Mitte der Siebziger "niemand dachte, dass der Schah eines Tages gestürzt und zur Flucht aus dem Land gezwungen werden würde."

Ayatollah Sayed Ali Mohammad Dasteghaib - ein bedeutender Geistlicher aus Shiraz - erklärte seine Unterstützung für Rafsanjanis Rede. Er steht nun hinter Mussawi und Karroubi und bat andere Geistliche, sich der wachsenden Unterstützung der Reformisten anzuschließen. Er erklärte, "Die Geistlichkeit sollte in einer Sache, die eine derart breite Unterstützung in ihrem Volk genießt, NICHT geteilt sein."

Im letzten Monat haben mehrere Ayatollahs ihre Position bekanntgegeben. Für eine vollständige Auflistung der Ayatollahs und ihrer Positionen, besuchen Sie bitte die Website von Tehran Bureau (ich kann ihre Authentizität größtenteils bestätigen): http://tehranbureau.com/ayatollah-watch/

Ayatollah Bayat Zanjani sagte als Antwort auf die Frage eines seiner Anhänger, "Jemanden in eine Führungsposition zu berufen, der diese durch Fälschung erlangt hat, ist illegitim." Er fügte hinzu, "Allerdings müssen die Menschen Beweise haben und sicher sein, dass so ein Individuum in der Tat illegale Methoden verwendet hat, um diese Position zu erlangen, damit seine Präsidentschaft illegitim ist." Er räumte ein, "Beschwerden anderer Kandidaten können einen Präsidenten nicht delegitimisieren, außer wenn diese Beschwerden sich als zutreffend herausstellen." Er stellte klar, "Nur die Präsidentschaft würde ihre Legitmität verlieren; nicht die Regierung und nicht die Menschen, die für die Regierung arbeiten."

Teilweise bestätigten Berichten zufolge warnte Ayatollah Wahid Khorasani - ein weiterer bedeutender Geistlicher - Sadegh Larejani heute, dass "es sein Leben nach dem Tode ruinieren würde, wenn er die Berufung zum Leiter der iranischen Justiz annehmen würde." Sadegh Larejani ist ein Mitglied des Wächterrats und überzeugter Konservativer, der derauf vorbereitet wird, den derzeitigen Leiter der Justiz zu ersetzen. Larejani hat Berichten zufolge 2006 gesagt, dass es nicht die Stimme des Volkes sei, die der Regierung ihre Legitimität gibt.

Hashemi Rafsanjanis Bruder, Mohammad Hashemi Rafsanjani, hat die Behauptungen von Mojtaba Zounnour (Chameneis Vertreter bei den Revolutionsgarden) dementiert, dass er mehr als fünf Millionen Dollar für Mohsen Rezaies Kampagne gespendet habe. Mohammad erklärte, er habe für die Kampagne keiner der Kandidaten Geld gespendet. Rezaies Lager andererseits gelobte, sie würden Zounnour vor Gericht bringen, wenn er seine Anschuldigungen nicht beweisen könne.

Mohsen Rezaie beschuldigte die Unterstützer von Ahmadinedschad, sie würden versuchen, seiner Glaubwürdigkeit zu schaden. Rezaies Webseite zufolge habe eine aktive, primär von Ahmadinedschads Partei ausgehende Kampagne damit begonnen, ihn und seine Erfolge zu diskreditieren.

Es ist ein Ausschuss eingerichtet worden, um die Fälle von Verhafteten zu verfolgen und ihren Familien Rechtsbeistand zu leisten. Dieser Ausschuss traf sich heute zum dritten Mal mit Mahdi Karroubi und bat ihn, seine Unterstützung fortzusetzen. Karroubi bat den Ausschuss, ehestmöglich Anwälte für die Verfolgung der Fälle einzelner Festgenommer zu bestimmen. Der Ausschuss gab später bekannt, dass er demnächst Treffen mit der Parlamentskommision für Nationale Sicherheit und Justizfragen sowie mit dem Generalstaatsanwalt des Irans abhalten werde.

Mohammad Khatami wiederholte heute seine Position und rief zu einer Volksabstimmung über die Legitimität der Regierung auf. Er bestand darauf, dass das Volk dafür sorgen müsse, dass seine Stimme gehört werde. Er sagte, "Wenn diese Forderung nicht akzeptiert wird, werden alle legalen Kanäle verschlossen sein, auf denen die Menschen ihre Ziele erreichen können." Khatami kritisierte seine Gegner für ihre Behauptung, dass er, Mussawi und andere Reformisten gegen die Regierung arbeiten würde. Er erklärte, "Die Volksabstimmung ist eine Versicherung", und drängte die Regierung dazu, möglichst bald eine abzuhalten.

Regierung, Internationales

Ayatollah Makarem Shirazi hat sich dem Kampf um die Berufung von Asfandyar Mashaie als einem von Ahmadinedschads Vizepräsidenten angeschlossen. Er bezeichnete die Berufung als "absolut illegitim". Chamenei hatte sich gegen die Berufung von Mashaie ausgesprochen, aber Ahmadinedschad weigerte sich, diese rückgängig zu machen. Mashaie veröffentlichte heute ein Erklärung auf seinem offiziellen Blog, in der er sich als "überzeugten Konservativen" bezeichnete. Er erklärte, seine frühere Bemerkung, in der er das Volk des Iran als "Freunde des Israelischen Volkes" bezeichnete, sei damals die offizielle Regierungsposition gewesen. Es konnte auch teilweise bestätigt werden, dass es während der heutigen Kabinettssitzung zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen Ahmadinedschad und Hossein Saffar Harandi, dem Minister für Kultur und Islamische Führung, kam. Harandi verließ die Sitzung wegen dieser Auseinandersetzung.

Ahmadinedschad verabschiedete ein Gesetz, das die Redefreiheit im Iran stark einschränkt. Er gab auch die Anweisung zur Umsetzung dieses Gesetzes. Laut Press TV verlangt das Gesetz, dass Internet-Provider so gut wie ALLE Daten speichern, die von ihren Kunden im Zeitraum von drei Monaten verschickt und erhalten worden sind.

Mojtaba Zounnour - Chameneis Vertreter bei den Revolutionsgarden - erklärte heute, "Demonstranten bewaffneten sich VOR der Wahl mit Spitzhacken und Schaufeln und kauften sogar Tränengas ein, um sich an den Ausschreitungen nach der Wahl zu beteiligen." Er behauptete, dass "im Untergrund" eine "bewaffnete Wiederstandsgruppe" mit über 300.000 Mitgliedern formiert worden sei. Er bestand darauf: "Das Ziel dieser Grouppe war es, eine Revolution gegen die Islamische Republik anzuzetteln - mit der Hilfe der BBC." Er bestätigte auch, dass mindestens zwei Angehörige der Basidsch während der Ausschreitungen von Demonstranten getöteten wurden.

Der Premierminister des Vereinigten Königreichs, Gordon Brown, erklärte heute, dass die britische Regierung die Rechte der iranischen Demonstranten unterstütze. Er bezeichnete die Verhaftungen von britischen Botschaftsangehörigen und die Ausweisung von zwei britischen Diplomaten als "inakzeptabel." Aufgrund von steigendem internationalen Druck wurden alle Botschaftsangehörigen freigelassen. Brown sagte zu Journalisten, "Wir müssen uns Sorgen machen, wenn die individuellen Rechte von Bürgern betroffen sind."

Berichten zufolge sollen 306 konservative Geistliche in Qom eine Erklärung veröffentlicht haben, in der sie Ayatollah Yazdi in seiner Ablehnung der Forderungen von Rafsanjani in seiner Freitagsrede unterstützen.

Der schwedische Außenminister, Carl Bildt, sagte gestern zu Journalisten, "Die Legitimität von Ahmadinedschads Regierung wurde vom Volk in Frage gestellt."

Verhaftungen, Freilassungen, Todesopfer

Es kann jetzt bestätigt werden, dass drei Journalisten von der Regierung verhaftet worden sind. Es handelt sich um: Sayed Emar Kalantari - Chefredakteur der Ayandeh Website, Hossein Aghaie und Reza Rafi’ee Foroushani. Mohammad Reza Azeemi und Mostafa Sha’bani wurden Berichten zufolge ebenfalls heute festgenommen. Die beiden sind Anwälte, die für Raad arbeiten, eine in Teheran tätige juristische Einrichtung.

Towhid Begi, der Fotograf von Karroubis Wahlkampagne, und Mojtaba Tehrani, ein Fotograf für die Zeitung Etemaade Melli, wurden heute freigelassen.

Gestern tauchten Berichte auf, dass bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften in der Stadt Orumieh in der Provinz West-Azerbaidschan zwei Menschen ums Leben kamen und mehrere verletzt wurden. Anhand von heutigen Berichten kann ich das nun teilweise bestätigen.

Mohseni Ejaie, Irans Geheimdienstminister, gab vor kurzem bekannt, dass weitere Geständnisse von Verhafteten demnächst im staatlichen Fernsehen gezeigt werden sollen.

Der Blog The Revolutionary Road hat die Namen von 65 Menschen, die angeblich in den Unruhen ums Leben gekommen sind, und vielen weiteren, die verhaftet worden sind, veröffentlicht. Ich kann diese Liste nicht bestätigen, aber hier ist der Link, damit Sie die Liste selbst durchsehen können: http://tinyurl.com/lz6gcg

Scott Lucas und sein Team von Enduring America haben freundlicherweise alle Namen auf Englisch übersetzt. Wenn Sie die Liste sehen wollen, besuchen sie bitte ihre sehr informative und genaue Webseite: http://tinyurl.com/lu6a6g

Anmerkung: Eine persönliche Bitte. Heute wurde ein sehr schockierendes Bild auf Twitter verbreitet. Das Bild zeigte mehrere Tote, die an einer Wand aufgetürmt waren - und es wurde mit der Behauptung verbreitet, dies seien die Leichen gefolterter Gefangener aus dem Evin-Gefängnis. Das Bild stellte sich später als aus dem Irak heraus. Wenn Sie in Zukunft an solche Bilder kommen, stellen Sie bitte sicher, dass sie authentisch sind. Drastische Bilder verursachen vielen Menschen, die die Entwicklungen auf Twitter verfolgen und davon berichten, extreme Schmerzen und Trauma. Danke.

Diskussion/Anmerkungen:
http://aic.openmsl.net/wiki/index.php/Green_Brief_36 ; wenn das Dokument noch nicht existiert, erstellen Sie es bitte einfach neu.

Wenn Sie den Green Brief veröffentlichen möchten, besuchen Sie bitte diese Seite: http://tinyurl.com/mjxrz3

Für Rundfunksprecher: http://tinyurl.com/nmvxpk

Liste aller Green Briefs: The Green Briefs

Ein großes Dankeschön an Sahar joon für die Hilfe beim Korrekturlesen und für viele wertvolle Hinweise. Vielen Dank auch an alle Übersetzer, die ihre wertvolle Zeit einsetzen, damit diese Informationen so viele Menschen wie möglich erreichen.

Alle deutschen Übersetzungen der Green Briefs sind auch im Blog Nachrichten zur Situation im Iran zu finden

Übersetzt von Kyrah unter http://kyrah.net/gr88/gb36.html

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