Ich bin NiteOwl alias Josh Shahryar - twitter.com/iran_translator bei Twitter. Ich bin Journalist und Menschenrechtsaktivist und KEIN Iraner. Dies ist eine Sammlung von Nachrichten aus dem Iran, die ich aus Twitter und dort angegebenen Webseiten zusammengestellt habe. Beachten Sie bitte, dass alles hier von Tweets stammt. (Meine Arbeit erscheint unter den Bedingungen von Creative Commons (CC).
Hier sind die wichtigen Ereignisse von Donnerstag, 30. Juli 2009, die ich bestätigen kann.
Proteste/Unruhen
Demonstranten in allen Teilen des Irans wurden daran gehindert, heute den Tod von anderen Demonstranten zu betrauern. Berichten zufolge hatte sich Chamenei gegen Gewaltanwendung ausgesprochen, aber leider war dies nicht der Fall.
Der Plan für Teheran war gewesen, sich zuerst im Beheschte-Zahra-Friedhof zu treffen, Gebete aus dem Koran zu rezitieren und dann durch die Khosravi-Allee in Richtung Grand Mosalla zu ziehen. Dort sollten sich die Menschen versammeln, um Worte der Reformisten und anderer Geistlicher für die Demonstranten, die ihr Leben gelassen hatten, zu hören.
Etwa 30- bis 40-tausend Menschen versuchten sich im Laufe des Morgens am Beheschte-Zahra-Friedhof zu versammeln. Mit der Ankunft von mehr und mehr Menschen wurde der Eintritt in den Friedhof für alle schwierig. Tausende blieben außerhalb und versammelten sich rund um den Friedhof. Die Sicherheitskräfte hatten die Zufahrt zur Khosravi-Allee, wo Neda getötet worden war, blockiert.
Mir Hossein Mussawi, Mehdi Karroubi, Mussawis Frau Zahra Rahnavard, Abdollah Nouri, Ayatollah Mousavi Tabrizi und Haji Mahdi Ghaffari waren alle unabhängig voneinander zum Beheschte-Zahra-Friedhof gekommen. Mussawi wurde unverzüglich von den Sicherheitskräften vom Friedhofsgelände eskortiert, bevor er an Nedas Grab kommen konnte. Karroubi konnte eine Rede halten. Sohrab A'rabis Mutter konnte ebenfalls zum Friedhof gelangen und sprach zu den Trauernden. Sohras Bruder verlas die Namen von vielen der gefallenen Demonstranten.
Mindestens 200 Sicherheitskräfte hatten sich am Friedhof versammelt. Sie versuchten, den Bereich um Nedas Grab und die Grabstätten anderer bekannter Demonstranten - Bereich 257 genannt - abzusperren. Als Karroubi jedoch den Friedhof betrat, brachen die Demonstranten durch die Sicherheitskräfte und Tausende versammelten sich um Nedas Grab.
Tausende von Demonstranten versammelten sich überall in Teheran: auf den Plätzen Valiasr und Vanak und in den Straßen Beheshti, Motahhari, Hafez Shamali, Zartusht und Fatemi. Andere trafen sich auf den Plätzen Sayed Maidan und Hafte Tir. Auch in vielen weiteren Teilen Teherans kam es zu großen Versammlungen von Demonstranten und Trauernden. Die bei weitem größte Menschenmenge fand sich auf dem Valiasr-Platz. Augenzeugen berichten von tausenden Demonstranten, die Sprechchöre gegen die Regierung skandierten.
Die Basidsch-Milizen und andere Sicherheitskräfte gingen wiederum brutal gegen die Menschen vor. Am Morgen verschlossen sie die Tore der Mosalla-Moschee und sperrten die Menschen aus. Die Sicherheitskräfte setzten extreme Gewalt ein, um die Menschen aus dem Bereich zu entfernen. Mehrere Videos zeigen, wie sie Tränengas in die Menge der Demonstranten feuern. Wieder wurden mehrere Demonstranten heftig mit Schlagstöcken geschlagen.
Demonstranten wurden auch am Beheschte-Zahra-Friedhof geschlagen. Ein Mann erlitt dabei einen Schädelbruch, nachdem er wiederholt mit Schlagstöcken geschlagen worden war. Die Sicherheitskräfte versuchten, die Demonstranten - darunter viele Frauen - von Nedas Grab zu entfernen und verletzten dabei viele von ihnen. Obwohl sie ein Aufgebot von 200 Mann am Friedhof hatten, konnten die Sicherheitskräfte die Menschen nicht daran hindern, sich an Nedas Grab zu versammeln.
Außer in Beheschte Zahra und bei Mosalla wurden Zusammenstöße auch aus ganz Teheran berichtet. Bei Valiasr wurden die Demonstranten mit Schlagstöcken geschlagen, dann wurde Tränengas in die Menge gefeuert, und als die Menschen sich weigerten, sich zu zerstreuen, wurde schließlich direkt auf sie geschossen. Mindestens zehn Menschen wurden verletzt und es gibt ein bestätigtes Todesopfer. Die Menschen hatten versucht, den Sicherheitskräften Blumen zu geben, und im Gegenzug griffen diese sie mit Tränengas an.
Auf der Amirabad-Straße und der Abbas-Abad-Straße waren die Zusammenstöße weniger gewaltsam, trotzdem wurden zehn Menschen verletzt. Von Amirabad wurden Schüsse gehört. Auch von den Straßen Beheshti, Motahhari, North Hafez, Zartusht und Fatemi gibt es Berichte über Zusammenstöße. Am Vanak-Platz bewarfen die Menschen die Sicherheitskräfte mit Steinen, um zu versuchen, sie zurückzudrängen. Die Polizei schlug auch die Fensterscheiben von Autos ein, ohne dabei auf die Sicherheit von Fahrer oder Mitfahrern Rücksicht zu nehmen.
Hubschrauber kreisten vom frühen Morgen an über Beheschte Zahra. Sie flogen auch über Teile der Innenstadt von Teheran. SMS war völlig außer Betrieb gesetzt. In vielen Teilen der Stadt setzten Menschen Abfall in Brand und im Himmel über Teheran war überall Rauch zu sehen.
Die Sicherheitskräfte machten auch Videoaufnahmen der Demonstranten, um diese zu identifizieren und später festzunehmen. Hunderte Demonstranten versammelten sich auch um das Innenministerium und das IRIB-Gebäude. Die heute skandierten Slogans waren, "Iranische Republik, Unabhängigkeit, Freiheit", "Nieder mit dem Diktator", "Nieder mit Russland" und Slogans gegen Mojtaba Chamenei (Chameneis Sohn). Die Demonstrationen in Teheran setzten sich bis spät in die Nacht fort.
Die Haltung der Sicherheitskräfte schien heute schwächer. Es kann nicht bestätigt werden, wieviele Demonstranten in vielen Teilen Teherans festgenommen wurden, aber die Zahl scheint niedriger zu sein als bei früheren Demonstrationen. Berichten zufolge war Mosalla voll von Basidsch-Milizen und anderen Spezialeinheiten in schwarzen Uniformen. Sie stürmten aus dem Gebäude und griffen die Menschen an - dies kann aber nur teilweise bestätigt werden. Einige Basidschi wurden bei den Zusammenstößen verletzt und mit der Rettung vom Ort des Geschehens abtransportiert.
Außerhalb von Teheran versammelten sich Demonstranten und Trauernde in Shiraz, Ahvaz, Isfahan, Rasht, Mashhad, Mahabad, Oromieh, Kermanshah, Arak und Tabriz. Zusammenstöße wurden aus Isfahan, Shiraz, Ahvaz, Rasht, Mashhad, Mahabad und Oromieh berichtet.
5- bis 6-tausend Menschen versammelten sich am Maidane-Enghelab-Platz, im Ayeneh-Khaneh-Park, auf der Sio-Seh-Brücke und in anderen Teilen von Isfahan. Es kam zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten. Berichte von Verletzten und Todesfällen können zu diesem Zeitpunkt nicht bestätigt werden. Auch hier wurde Tränengas eingesetzt, um die Menge zu zerstreuen. Die Demonstranten hielten grüne Tafeln mit den Namen von verhafteten und toten Demonstranten.
In Ahvaz versammelten sich hunderte von Demonstranten in der Kyanpars Avenue und skandierten Sprechchöre gegen Ahmadinedschad und das Regime. Trotz der Hitze harrten die Demonstranten stundenlang aus. Mindestens dreißig Demonstranten wurden bei Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften verhaftet.
Etwa zweitausend Menschen versammelten sich in Rasht. Es kam zu weniger Ausschreitungen als in in anderen Teilen des Irans. Die Demonstranten füllten den Stadtkern, während sich die Sicherheitskräfte zum größten Teil einige Meter entfernt hielten und zusahen.
In Shiraz versammelten sich einige hundert Demonstranten rund um das wichtigste Gaswerk der Stadt und im Azadi-Park. Sie sangen Yaare Dabestani und skandierten Sprechchöre. Sicherheitskräfte zerstreuten die Mengen schließlich.
Eine kleinere Menge versammelte sich im Mellat-Park in Mashhad. Es gibt Berichte über Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften, aber zu diesem Zeitpunkt konnten wir keine näheren Informationen darüber erlangen.
Nedas Mutter hielt eine stille Wache bei Kerzenschein in einem Park nahe ihrem Zuhause ab. Sie hatte gesagt, dass sie nicht zu Nedas Grab am Beheschte-Zahra-Friedhof kommen wolle, weil sie nicht Schuld daran tragen wolle, wenn jemand verletzt oder getötet würde. Hier ist ein Foto von ihr im Park (freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Enduring America): http://tinyurl.com/lbr6kw.
Auf der ganzen Welt wurden Mahnwachen für Neda und die anderen gefallenen Demonstranten abgehalten. In New York City fand letzte Nacht eine Mahnwache am Union Square statt. Kerzen wurden entzündetet und die Trauernden saßen still und hielten Bilder von Neda. In San Francisco versammelten sich etwa 200 Trauernde auf der UN Plaza und hielten von 20-21 Uhr eine Mahnwache bei Kerzenlicht. Die Menschen verteilten Schilder mit Bild und Namen von jedem der Gefallenen. Alle wurden gebeten, sich auf den Boden zu setzen, während der Name von jeder Person, die getötet worden war, verlesen und danach eine Glocke geschlagen wurde. Als die Namen der Gefallenen verlesen wurden, stand die Person mit dem Schild mit dem Namen des jeweiligen Toten respektvoll auf. Auf die Verlesung der Namen folgten 15 Minuten Stille, danach wurde gesungen und Sprechchöre intoniert. Fotos (freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Dana - @dakster9) auf Flickr.
In Europa wurden in vielen Städten Mahnwachen und spontane Demonstrationen abgehalten. In Flensburg, Deutschland, versammelten sich Dutzende von Menschen vor einer lutherischen Kirche, um um Neda und die anderen von den Sicherheitskräften ermordeten Demonstranten zu trauern. Die Trauernden sangen Lieder, beteten, verlasen Hymnen und Gedichte und legten Blumen vor einem Bild von Neda ab. Die Zusammenkunft wurde vom "Deutsch-Iranischen Freundschaftsverein" arrangiert, der vor kurzem zur Unterstützung der Grünen Bewegung gegründet wurde. Foto (freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Paleene): http://tinyurl.com/n66ue6.
In Wien wurde vor dem Parlamentsgebäude eine spontane Demonstration abgehalten. Etwa 25 Menschen, gekleidet in Schwarz und Grün, kamen zusammen, manche trugen roten Rosen. Um 6:30 Ortszeit ließen sich die Demonstranten zu Boden fallen und lagen zwei Minuten lang regungslos da. Fotos (freundlicherweise zur Verfügung gestellt von @kyrah): ازادی.
Opposition
In einem Treffen mit Parlementsmitgliedern von der Fraktion Weg des Imam sagte Khatami heute, die Regierung müsse die Verantwortlichen für Mord und Folter strafrechtlich verfolgen. Er tat die Schließung von Kahrizak durch die Regierung mit der Aussage ab, dass überall im Iran und auch in anderen Gefängnissen als Kahrizak gefoltert worden sei. Er übte auch Kritik an der Entscheidung der Regierung, Kahrizak genau jetzt zu schließen, wo ein parlamentarischer Ausschuss zur Untersuchung der Lage und Behandlung der Inhaftierten eingerichtet worden sei.
Regierung, Internationales
Berichte deuten an, dass der ehemalige Geheimdienstminister Ejaie zusammen mit anderen verärgerten Funktionären der Regierung Ahmadinedschad eine Gruppe bildet, um sich ihm entgegenzustellen. Dies kann aber noch nicht vollständig bestätigt werden.
Bestätigten Berichten zufolge sind mehrere Unterstützer Mussawis und Elemente unter den Sicherheitskräften, die mit der Sache der Demonstranten sympathisieren, gefeuert oder aus Teheran versetzt worden.
Verhaftungen, Freilassungen, Todesopfer
Kazem Jalali, der Sprecher des Sonderausschusses des iranischen Parlaments, gab heute bezugnehmend auf die Ereignisse der letzten Zeit bekannt, dass Saeed Hajjarian vom Gefängnis in eine Wohnanlage der Regierung verlegt worden ist. Jalali zitierte Saeed Mortazavi, Teherans Generalstaatsanwalt, in der neuen Wohnanlage sei gut für sein Wohlbefinden und seine Gesundheit gesorgt und Hajjarians Familie dürfe ihn dort besuchen.
Die Regierung hinderte Alireza Avaie an seinem Besuch des Evin-Gefängnisses. Er wollte einen Bericht über die Lage der Inhaftierten verfassen, wurde aber an den Toren vom Wachpersonal weggeschickt. Avaie ist ein hochrangiger Beamter der Justiz, verantwortlich für ein Büro innerhalb der Justiz, dessen Auftrag es ist, Menschenrechtsverletzungen gegen die Bürger der Provinz Teheran zu untersuchen.
Mahnaz Mohammadi, Jafar Panahi und Rukhsareh Ghayem-Magham, die im Laufe des heutigen Tages verhaftet worden waren, sind wieder freigelassen worden. Panahi und Mohammadi sind iranische Filmemacher und Ghayem-Magham ist für seine Dokumentarfilme bekannt.
Berichte über die Freilassung von Mahsa Amrabadi sind falsch.
Der Tod von zwei weiteren Demonstranten ist nun bestätigt worden:
Mostafa Kya Rostami wurde vor zwei Wochen während Rafsanjanis Rede ermordet. Er war 22 Jahre alt. Er erlag seinen Verletzungen vier Stunden nachdem er wiederholt mit einem Schlagstock auf den Kopf geschlagen worden war.
Der Leichnam von Saeed Esmaili-Khanbebin wurde ebenfalls an seine Familie übergeben, nachdem diese den Sicherheitskräften Geld bezahlt hatte. Seine Beerdigung wurde streng von der Polizei bewacht. Er war 23 Jahre alt. Auch er starb an Verletzungen durch wiederholte Schläge gegen seinen Kopf mit Schlagstöcken.
Medien
IRNA veröffentlichte heute einen Bericht, in dem die Trauernden als gewalttätiger Pöbel bezeichnet wurden. Die Nachrichtenagentur warf den Trauernden vor, das Gesetz zu brechen und bezeichnete ihre Bewegung als klein und unbedeutend. Sie behauptete auch, dass es der Wunsch der Iraner sei, dass die Regierung diese Protestaktionen unterdrücken solle, weil sie die Stadt unsicher gemacht hätten.
PressTV berichtete, "die Polizei habe Hunderte von Iranern zerstreut, die sich in einem Friedhof südlich der Hauptstadt Teheran zum Gedenken an die Toten der Unruhen nach der Wahl versammeln wollten." Der Sender erwähnte die Gewalttätigkeiten und Demonstrationen in anderen Teilen des Landes mit keinem Wort.
Verschiedenes
Bild des Tages aus Teheran: http://bit.ly/OoWw8
Nieder mit Chamenei, Schriftzug auf einem Stadtbus: 20495517-8476285c09aee819c31e0c3de441ab38.4a7249a7-scaled.jpg (Bild)
Diskussion/Anmerkungen: http://aic.openmsl.net/wiki/index.php/Green_Brief_44; wenn das Dokument noch nicht existiert, bitte einfach erstellen.
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Für Rundfunksprecher: http://tinyurl.com/nmvxpk
Liste aller Green Briefs: The Green Briefs
Ein großes Dankeschön an Sahar joon und S joon für die Hilfe beim Korrekturlesen und für viele wertvolle Hinweise. Vielen Dank auch an alle Übersetzer, die ihre wertvolle Zeit einsetzen, damit diese Informationen so viele Menschen wie möglich erreichen.
Übersetzt von Kyrah unter http://kyrah.net/gr88/gb44.html
Original: http://iran.whyweprotest.net/green-brief/23338-green-brief-44-july-30-a.html
Freitag, 31. Juli 2009
Green Brief #44 (30. Juli 2009) - Deutsch
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