Dienstag, 18. August 2009

SIC Newsletter 17. August 2009 - Deutsch

Montag, 17. August 2009

Nachrichten
- HRANA: Trotz der Mitteilung auf die Webseite von Etemaade Melli (der offiziellen Zeitung von Karroubis politischer Partei) über die Absage der Versammlung vor dem Gebäude der Zeitung haben Menschen sich vor dem Büro versammelt, nachdem sie gehört hatten, dass die Veröffentlichung vorübergehend verboten wurde. Mortazavi (Staatsanwalt am Islamischen Revolutionsgericht) hatte am Montag Morgen allerdings das Publikationsverbot für Etemaade Melli verurteilt und gesagt, diese Zeitung würde weiterhin veröffentlicht werden.
Etwa um 16 Uhr versammelten sich zahlreiche Menschen vor dem Büro von Etemaade Melli, sie verteilten und zerstreuten sich jedoch in kleinere Gruppen, da es Warnungen vor Polizei und Basij gab, die in der Gegend stationiert waren.
Sicherheitskräfte versuchten, diese Gruppen durch Einsatz von Tränengas und Schlagstöcken zu trennen, doch andere Menschen schlossen sich (den Protestierenden) an, buhten die Sicherheitskräfte aus und skandierten Slogans wie "Tod dem Diktator" und "patriotische Iraner, unterstützt, unterstützt". Währenddessen mischten sich Basiji und Sicherheitskräfte unter die Menschen und schlugen sie mit Schlagstöcken, doch die Menschen riefen weiter "Allaho Akbar" (Gott ist der Größte) und "Tod dem Diktator".
Es waren auch viele Zivilpolizisten mit Funktelefonen und Videokameras anwesend, die Videoaufnahmen von den Protestteilnehmern machten. Dann verhafteten die Sicherheitskräfte einige Protestteilnehmer und schlugen andere, um sie vom Büro der Zeitung zum Haft-e-Tir-Platz zu treiben. Im Weitergehen setzten die Menschen ihre Demonstration fort und riefen weitere Slogans.
Stunden später waren immer noch viele Zivilkräfte am Eingang der Zeitung und in den nahegelegenen Straßen präsent und hielten die Menschen davon ab, in der Umgebung stehen zu bleiben.

- Radio Zamaneh: Ayatollah Yousef Sanei hat die Menschen aufgefordert, sich von Medien zu distanzieren, die "Lügen" verbreiten, und ihre Gedanken nicht auf "inkorrekte Informationen" zu beschränken. Sie sollten darauf achten, sich nicht "mental ausnutzen" zu lassen. Der Shia-Geistliche (Marja-e taqlid) erklärte: "es ist offensichtlich, wer die Aufmerksamkeit des Landes fürchtet und Angst davor hat, dass die Menschen miteinander in Kontakt stehen, selbst wenn dies auf Friedhöfen geschieht". Sanei sagte weiter, das Problem der iranischen Gesellschaft heute sei die "Inhaftierung unserer Kinder und die Ereignisse in den Haftanstalten und Gefängnissen". Sanei zufolge ist es "schmerzhaft, wenn Geständnisse mit Gewalt erzwungen werden, oder wenn eine Mutter nicht am Grab ihres Kindes trauern darf. Wir fühlen Schmerz, wenn sie einen Menschen verhaften und töten und dann sagen, er hätte Meningitis gehabt oder sei an einer Infektionskrankheit im Gefängnis gestorben."

- Radio Zamaneh: Eine Gruppe von Juristen und Ärzten haben in getrennten Statements gefordert, diejenigen, die an den gewaltsamen Niederschlagungen der Proteste gegen die Wahlergebnisse beteiligt sind, zu identifizieren und vor Gericht zu stellen. Die Islamische Gesellschaft Iranischer Justizanwälte kritisierte am Montag in ihrem Statement auch die "vorsätzlichen Aktionen" von Zivilkräften, die Angriffe auf Studentenwohnheime sowie die jüngsten Verhaftungen, und stellt außerdem die Frage, "warum keine Institution oder kein Beamter für diese Aktionen zur Verantwortung gezogen" werde.
Darüber hinaus haben 120 Ärzte und Universitätslehrkräfte am Montag in einem Statement die "unangemessene und gewalttätige" Vorgehensweise gegen Protestteilnehmer im Zusammenhang mit den Wahlergebnissen kritisiert und die Identifizierung der Befehlshaber und Ausführenden in den jüngsten "Tragödien". Die Ärzte forderten von den der Islamischen Republik, dass "von nun an bei der Prüfung der Qualifikation von Bewerbern für Schlüsselpositionen im Dienst für das Land auch deren geistige Gesundheit von einem aufmerksamen, von der Ärztegesellschaft bestätigten Gremium untersucht werden muss".

- SIC: Die offizielle Seite der Gruppe "Grüner Weg der Hoffnung" ist auf Facebook gegründet worden. Hier kann man der Gruppe beitreten und Fan werden: http://www.facebook.com/pages/-Rahe-Sabze-Omid/134323877144

Nachrichten von Verhafteten, Vermissten und Verstorbenen
- Radio Zamaneh: Nach mehr als 40tägiger Haft konnte Isa Saharkhiz, der Journalist, der gegen die Wahlergebnisse protestierte, am Samstag seine Anwältin Nasrin Sotoudeh treffen.
Ihm werden unter anderem Teilnahme an Aufständen und Beleidigung von Ali Khamenei vorgeworfen. Obwohl ihm in der Haft Rippen gebrochen wurden, befindet er sich noch immer in Einzelhaft in Evin ohne ärztliche Behandlung für seine gebrochenen Rippen. Seine Anwältin Nasrin Sotoudeh erklärte nach dem Treffen, dass Saharkhiz überhaupt keine Kenntnis über die aktuellen Nachrichten habe.

- Mowje Sabz: Hassan Souri, ein Reformaktivist in Boroujerd, ist verhaftet worden. Sein Sohn, Mohammad Hojr Sourdi, sagte: "Während der Befragung (vor der Inhaftierung) haben sie meinem Vater vorgeworfen, während der Wahl(kampagne) den Führer beleidigt zu haben..."

- Mowje Sabz: Der Direktor des Hauptquartiers von pro-Mousavi-Klerikern in Qom, Zabihi, ist mit seinem Sohn Taha Zabihi verhaftet worden. Zabihi ist auch Mitglied der Vereinigung von Lehrern und Theologieforschern in Qom "Hawza Elmiyeh" (eine religiöse Schule), der Höheren Lehranstalt für die Ausbildung von Lehrern in Qom sowie Vizekanzler und Fakultätsmitglied der Universität Qom.

- Mowje Sabz: Ali Asghar Khodayari, ein ehemaliges Mitglied des Zentralrats der Partizipationsfront (einer iranischen Reformpartei), Fakultätsmitglied der Universität Teheran und ehemaliger Vizekanzler dieser Universität, ist am Montag Abend freigelassen worden. Es gibt keine weiteren Nachrichten über die Freilassung anderer inhaftierter Professoren und Studenten dieser Universität.

Analyse
- Guardian: Mir Hossein Mousavis Ehefrau hat zu einem unerwarteten politischen Zugeständnis durch Ahmadinejad beigetragen. Zahra Rahnavards Erscheinen an der Seite ihres Mannes während dessen gesamter Kampagne hat das Thema Frauenrechte im Iran betont und viele weibliche Wählerstimmen für Mousavi gebracht.
Niemals zuvor in der 30jährigen Geschichte der Islamischen Republik hat eine Frau eine derart profilierte politische Rolle gespielt. Nun hat ihr anhaltender Einfluss Ahmadinejad zu einem radikalen Zug veranlasst, mit dem er riskiert, seine strenggläubigen Anhänger abzuschrecken. Mit der Ankündigung, er habe vor, 3 Frauen in sein Kabinett zu berufen, hat Ahmadinejad die Wahlversprechen seiner beiden Rivalen Mehdi Karroubi und Mohzen Rezai (sic, d. Übers.) übertrumpft. Der soziale Druck, der diesen Ernennungen zu Grunde liegt, hat jedoch schon lange vor dem Wahlkampf existiert.

- Guardian: In den zwei Monaten seit Mahmoud Ahmadinejads Griff nach der Präsidentschaft hat sich die Menschenrechtssituation im Iran verschlechtert. Es gibt Massenverhaftungen und -inhaftierungen, aber auch brutale Unterdrückung friedlicher Demonstrationen durch diverse staatliche Kräfte. Auf der internationalen Ebene hat Iran seine Beziehungen zu westlichen Schlüsselländern, insbesondere Großbritannien und Frankreich, gefährdet. Eine große Schnittmenge der iranischen Gesellschaft ist zutiefst unzufrieden mit der politischen Situation, und tiefe Spaltungen ziehen sich durch das Herz der regierenden politisch-religiösen Elite Irans.
Die Internationale Kampagne für Menschenrechte in Iran hat etwa 240 prominente Inhaftierte aufgelistet, die zur Zeit festgehalten werden, und merkt an, dass viele von ihnen von "nicht identifizierten Agenten verhaftet und an unbekannte Orte verbracht" wurden. Sie befinden sich zumeist in Isolationshaft und haben keinen Zugang zu rechtlicher Beratung. "Diese Tatbestände verletzen eindeutig die Grundrechte, die sowohl im nationalen iranischen Rechtskodex als auch durch vom Iran mitunterzeichnete internationale Verträge garantiert sind."
Viele der Gefängnisinsassen haben angeblich entsetzliche Behandlung erlitten, es gibt vielfache Berichte über Schläge, Folter und sexuellen Missbrauch. Amnesty International warnt vor einer "alarmierenden Zunahme von Exekutionen"seit der umstrittenen Wahl. Zählungen von Amnesty International zufolge hat es vor dem 12. Juni imJahr 2009 196 Hinrichtungen gegeben und in einem Zeitraum von weniger als 2 Monaten (nach der Wahl, d. Übers.) erschreckende 115 Hinrichtungen.

Empfehlungen und Warnungen
- Mohsen Sazegara hat sein Video für Montag herausgebracht. Er sagte, wegen Problemen im Irak sei die Ausstrahlung seiner Programme durch den Sender Rojhelat TV nicht mehr möglich.
Bezüglich der Aushöhlung der Coup-Regierung sagte er: Der Gewinner ist der, der kreativ ist und die Gegenseite zur Reaktion auf seine Handlungen zwingt. Daher sollte versucht werden, neue Fronten und Möglichkeiten des Kampfes zu eröffnen.
Er lobte Karroubi für dessen kürzliche Enthüllungen von Verbrechen und sagte, seine Aktionen hätten die Coup-Regierung ernsthaft angegriffen und die Welt, insbesondere die islamische und arabische Welt, beeinflusst.
In einem anderen Teil des Statements spricht er über die Kommandostelle des Coups und sagt, dass Ahmadinejad sich geweigert habe, den berüchtigten Taeb (den Geistlichen, der für die Erlangung von Geständnissen verantwortlich ist) als neuen Informationsminister zu benennen.
Er nannte Radan als Verantwortlichen für die Repression innerhalb der Polizei. Er sagte weiterhin, dass Saeid Jalili, der Sekretär des Obersten Nationalen Sicherheitsrates Irans, ebenfalls Mitglied dieser Kommandostelle sei, weswegen die Aktivisten der Bewegung außerhalb Irans versuchten, ihn vor ein ausländisches Gericht zu bringen und Proteste für die Zeit zu planen, die er außer Landes ist.
Weiterhin erklärte er, eine politische Gruppe, der auch Haddad-Adel (ein früherer Vorsitzender des Parlaments), Kosari und Fadaei angehören, würden die Coup-Regierung im Parlament unterstützen. Finanzielle Unterstützung erhalte die Coup-Schaltstelle unter anderem vom Finanzinstitut Mehr.

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Tel: +1 (253) 234-IRAN , +1 (253) 234-4726
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Twitter: IranSIC

Übersetzung aus dem Englischen: Julia
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Zusatz: Aktuelle Demonstrationstermine in Deutschland gibt es hier:
http://lilalinda-juliasblog.blogspot.com/2009/07/demonstrations-in-germany-alphabetical.html
(keine Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit, Änderungen und neue Termine können hinterlassen werden)

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